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Das Kriegsende hatte viele Gesichter: Symposium im Kulturforum

Im Kulturforum diskutierten Historiker, Wissenschaftlerinnen und kommunale Akteure über das Ende des Zweiten Weltkriegs. Das Symposium zeigte: Die Erinnerung ist vielfältig, die Lehren daraus aktueller denn je.

Grafik: Kathleen Rother Redaktion 3 Monaten vor 0

Ein stiller Blick durch zerstörte Straßenzüge – und der Ruf nach Gerechtigkeit: Im Kulturforum spürt ein Symposium dem Kriegsende nach.

Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bleibt die Frage offen, wie wir erinnern – und woran. Im Kulturforum kamen am 15. Mai Experten aus der Region zusammen, um das Kriegsende im Rhein-Main-Gebiet aus unterschiedlichen Perspektiven zu analysieren. Das Stadtarchiv Wiesbaden, die KulturRegion FrankfurtRheinMain, die Hessische Landeszentrale für politische Bildung und die Volkshochschule Wiesbaden hatten eingeladen – und führten durch einen Tag voller Erkenntnisse, Rückblicke und unbequemer Wahrheiten.

Von der Zerstörung zur Verdrängung

Historiker zeigten, dass das Kriegsende vielerorts gleich begann – mit Trümmern. In Aschaffenburg, Darmstadt oder Oberursel dominierten Bombenangriffe die kollektive Erinnerung. Gewalt, Front, Verbrechen? Sie wurden kaum erinnert, geschweige denn öffentlich thematisiert. Stattdessen betonten viele Zeitzeugen die Kameradschaft in der Truppe. Ein Befund, der sich durch viele Vorträge zog – und Fragen aufwarf: Was wurde erzählt? Und was blieb ungesagt?

Kontinuitäten statt Brüche

Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl erinnerte in seiner Eröffnungsrede an den Umgang der Wiesbadener Bevölkerung mit der Entnazifizierung. Viele ehemalige NS-Funktionäre tauchten nach 1945 rasch wieder in den kommunalen Verwaltungen auf. Der letzte NS-Bürgermeister Piékarski kehrte sogar kurz nach Kriegsende ins Rathaus zurück. Schmehl nannte das ein Beispiel für „erstaunliche Dreistigkeit“ – und ein Mahnmal fehlender Reue.

Demokratie aus Trümmern

Das zweite Panel widmete sich dem Aufbau demokratischer Strukturen. Es zeigte sich: In kleinen wie großen Kommunen bedeutete Demokratie harte Arbeit. Integration von Vertriebenen, erste Kommunalwahlen, Diskussionen um Symbole wie die Frankfurter Paulskirche – all das forderte Geduld und Kompromissbereitschaft. Die Demokratie wuchs langsam – und nicht immer freiwillig.

Erinnerung als Aufgabe

Die abschließende Diskussion drehte sich um Vermittlung: Wie lässt sich Geschichte heute erzählen? Welche Projekte erreichen junge Menschen? Digitale Formate, partizipative Ausstellungen, lokal verankerte Bildungsarbeit – sie alle tragen dazu bei, Erinnerung lebendig zu halten. Dr. Ina Hartwig, Kulturdezernentin in Frankfurt, betonte: „Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich – wir müssen sie erklären, schützen und leben.“

Keine Stunde Null

Zum Abschluss zog Dr. Schmehl Bilanz: Es habe kein einheitliches Kriegsende gegeben, keine tabula rasa. Personelle Kontinuitäten prägten die Nachkriegszeit, eine echte Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit blieb vielerorts aus. Sein Fazit: „Eine Stunde Null gab es nicht – aber die Chance, neu zu beginnen. Diese Chance haben viele genutzt. Das verpflichtet uns bis heute.“

Foto – In der Nacht vom 2. auf den 3. Februar 1945 … Wiesbaden wird zerstört. Bild: Amazon / Dr. Thomas Weichel

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80 Jahre Kriegsende: 9. Mai 1945.

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