Seit dem Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert hinein waren Gebrauchsgüter aus dem Westerwald internationale Exportschlager – schön, nützlich oder auch kurios. Die Ausstellung „Grau, Blau, Geritzt – Westerwälder Steinzeug“ im „sam – Stadtmuseum am Markt“ zeigt von Mittwoch, 1. Oktober, bis Sonntag, 1. März, Objekte aus dem Westerwald. Die meisten Exponate stammen aus dem Bestand der Sammlung Nassauischer Altertümer (SNA) und liegen normalerweise im Depot.
Aus Omas Küche oder dem Gasthaus: Senf- und Schmalztöpfe aus dem typisch zweifarbigen Steinzeug gehören zum vertrauten Alltagsbild. Die gebrannte und glasierte Keramik wurde in der Region Westerwald aus hellem Ton hergestellt und war wegen seiner besonderen Bruchfestigkeit und seiner Fähigkeit, Inhalte kühl zu halten, ideal für Vorratsbehältnisse. Allerdings erscheint das Westerwälder Steinzeug auch in Formen, die über die gewohnten Bembel und Krüge hinaus gehen: als Mineralwasserflaschen, Weihwasserschalen, Andachtsbilder oder Tintenfässer. Die auf der Scheibe gedrehten Gefäße und modellierten figürlichen Objekte erzählen von handwerklichem Können und kulturellem Wandel.
Die Ausstellung beleuchtet sowohl die Verfeinerung des Handwerks durch aus Raeren und Siegburg zugewanderte Töpfer als auch die gestalterischen Impulse des Jugendstils. Zudem richtet sie den Blick auf das Material, die Herstellung, Transportwege und Absatzmärkte – und regt zu Fragen an, die auch heute wieder hoch aktuell sind: Was macht kulturelle Identität aus? Und wie reagieren Regionen auf wirtschaftlichen Strukturwandel?
In der Ausstellung treten die historischen Objekte in einen eindrucksvollen Dialog mit Fotografien von Eckart Bartnik (*1957). Der Wiesbadener Künstler richtet seinen Blick auf die Tongruben der Region und verwandelt die vertraute Landschaft in farbstarke, ungewohnt wirkende Bildwelten voller Poesie.
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